Materials Day 2001 – Werkstoffe für Transport und Verkehr

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Einführung

Veranstaltung des Departements Werkstoffe der ETH Zürich unter Mitwirkung des external pageSchweizerischen Verbandes für die Materialtechnik (SVMT), 18. Mai 2001

Aus welchen Werkstoffen werden künftig Autos, Bahnen und Flugzeuge gebaut?

Werkstoffe für Transport und Verkehr lautete das Thema des diesjährigen Materials Day des Departements Werkstoffe der ETH Zürich. Nach den Materials in Medicine war dies eine weitere fachspezifische Vortragsveranstaltung, die den Fortschritt in der Werkstoff-Forschung und die Beiträge des Departements Werkstoffe der ETHZ dokumentieren sollte.

Werkstoffe für Transport und Verkehr, das bedeutet vor allem Werkstoffe für den Leichtbau in der Verkehrstechnik, also beim Bau von Automobilen, Schienenfahrzeugen und Flugzeugen, d.h. dort, wo grosse Massen stark beschleunigt werden und die benötigten Kräfte, der Energieverbrauch und die Emissionen im wesentlichen vom Gewicht abhängen. Der Einsatz von leichteren, festeren und gleichzeitig schadenstoleranten Werkstoffen steht im Mittelpunkt der Entwicklungen. Aber auch der Einsatz von Energie und Kosten sparenden Fertigungsverfahren sowie die Recyclingfähigkeit der verwendetet Werkstoffe ist von zentraler Bedeutung.

Der Leichtbau ist ein Innovationsgebiet mit besonders grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Dies liegt nicht nur an der Verknüpfung mit Umwelt- und Ressourcenfragen, sondern auch daran, dass das industrielle Umfeld in Europa und damit auch in der Schweiz immer stärker vom Thema Leichtbau beeinflusst wird.

Die Veranstaltung richtete sich an alle Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler, die sich mit den Fragen der Entwicklung, Herstellung, Auswahl und Anwendung von Werkstoffen in Transport und Verkehr auseinanderzusetzen haben. Sie richtete sich aber auch an Studenten und Nicht-Fachleute, für welche die Präsentation spannender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zum Bildungserlebnis wurden.

Programm

Kurzfassungen

Aluminium-Strukturbauteile für Transportsysteme

Helmut Kaufmann; external pageLeichtmetall-Kompetenzzentrum Ranshofen, A
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Leichtbau in Transportsystemen, das bedeutet in der Regel die Wahl von Werkstoffen mit geringem spezifischen Gewicht. Ein wichtiger und erfolgreicher Kandidat sind Aluminiumlegierungen, deren Einsatz an ausgewählten Beispielen vorgestellt wird. Wesentlich für eine erfolgreiche Substitution bestehender Werkstoffe durch Aluminium ist jedoch auch die Möglichkeit einer kostengünstigen und gleichzeitig qualitätssichernden Bauteilfertigung. New Rheocasting, eine neue Technologie zur Verarbeitung von Metallen im Semi-solid – Zustand, wird unter spezieller Berücksichtigung von Werkstoffanforderungen und Bauteileigenschaften vorgestellt.

Das aktuelle Forschungsprogramm an LKR und ETH umfasst Arbeiten zur Verfahrens- und Legierungs- entwicklung an Aluminium- und Magnesiumlegierungen, wobei sowohl Guss- als auch Knetwerkstoffe betrachtet werden. Dieser Beitrag liefert einen Überblick über bisherige Ergebnisse auf dem Gebiet der Al-Legierungen. Dabei wird auch auf mögliche Einsatzgebiete dieser Gussteile, die Kostensituation und eine Energie- und Stoffstromanalyse im Vergleich zu Wettbewerbsverfahren näher eingegangen.

Magnesium in Transport und Verkehr

Peter J. Uggowitzer; Institut für Metallforschung, ETH Zürich
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Nachdem Magnesium als Konstruktionswerkstoff am Markt so gut wie verschwunden war, erlebt es seit etwa 10 Jahren eine aussergewöhnliche Renaissance. Dies betrifft insbesondere den Verkehrssektor, der eine Substitution von klassischen Konstruktionswerkstoffen durch leichtere Materialien anstrebt, um so den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und die Auflagen der Umweltgesetzgebung zu erfüllen. Wenngleich sich Aluminiumwerkstoffe für Bauteile in Fahrwerk, Motor und Getriebe sowie in der Karosserie etablieren konnten, hofft die Industrie dennoch auf weitere Gewichtseinsparungen durch den Einsatz von Magnesium.

Im Tagungsbeitrag werden aktuelle Forschungs- und Entwicklungsprojekte vorgestellt, von der Legierungsentwicklung über moderne Formgebungsverfahren hin zum Recycling von Magnesiumlegierungen.

Aluminium-Karosserieblech: Werkstoffe und Oberflächenvorbehandlungen als Systemlösung

Margret Bloeck; external pageAlusuisse Technology Center, Neuhausen
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Mit zunehmendem Einsatz von Aluminiumblech für Karosserieanwendungen steigen die Anforderungen an die Materialeigenschaften und das Verhalten bei der Fertigung der Karosse; erforderlich sind z.B.:

  • eine weitere Verbesserung der Umformbarkeit
  • eine stärkere Aushärtung bei in Zukunft sinkenden Lackeinbrenntemperaturen
  • ein problemloses Fügeverhalten, z.B. beim Schweissen oder Kleben, ohne separate chemische
  • Oberflächenbehandlung der umgeformten Teile.

Um diese Anforderungen zu erfüllen, wurden neue Aluminiumlegierungen für Aussen- und Innenhautanwendungen entwickelt. Durch Kombination mit einer chemischen Vorbehandlung der Bandoberfläche und/oder einer Vorbeschichtung mit Trockenschmierstoff können Systemlösungen entsprechend den verschiedenen Kundenanforderungen, massgeschneidert für die jeweilige Prozesskette, angeboten werden.

Paint Bake Response von Karosserieblechen aus Aluminium

Simon Kleiner; external pageEMPA Thun und Institut für Metallforschung, ETH Zürich
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Die aushärtbaren AlMgSi-Legierungen finden zunehmend Verwendung als Karosseriewerkstoffe im Automobilbau. Für Aussenhautanwendungen wird in Europa die Legierung AA 6016 bevorzugt. Aufgrund der relativ langsamen Aushärtungskinetik dieser Legierung muss bislang eine separate Wärmebehandlung an den kompletten Karosserien durchgeführt werden, um die notwendigen Festigkeitswerte zu erreichen. Durch eine an der ETH neuentwickelte, mehrstufige thermische Vorbehandlung, welche am Blech vor der Formgebung anzuwenden ist, kann die Aushärtungskinetik so stark beschleunigt werden, dass die geforderten Festigkeitswerte allein durch die Wärmeeinbringung beim Lackeinbrennzyklus erreicht werden.

Multiphase Steel — Die Zukunft für den Automobilbau

P. Stiaszny, K. Radlmayr, A. Pichler, Ch. Walch; external pageVoest Alpine Stahl, Linz, A

Einführend werden Herstellung und Gefüge von Mehrphasenstählen im Vergleich zu rein ferritischen Stählen beschrieben und ihre mechanischen Eigenschaften dargestellt. Das Umformverhalten wird anhand von klein- und großtechnischen Umformversuchen dokumentiert, wobei Tests wie Arbeitsbereichbestimmung mittels Tiefziehnäpfchen, Grenzformänderungsschaubilder und der Rückfederungsergebnisse anhand von Hutprofilen verwendet werden. Erste Aussagen zur Eignung für das Innenhochdruckumformen anhand einfacher Versuche werden gemacht. Die Bauteileigenschaften werden anhand von realitätsnahen Crash-Versuchen und unter Umständen Beulsteifigkeitsversuchen gezeigt. Aktuelle Einsatzbeispiele im Automobilbau bilden den Vortragsabschluss.

Stickstoffreicher austenitisch rostfreier Stahl — Werkstoff für Transport und Verkehr, hochfest und zäh

Markus O. Speidel; Institut für Metallforschung, ETH Zürich

Magnesium- und Aluminiumlegierungen, Leichtmetalle allgemein, werden heute in konstruktiver Konkurrenz zu Stahl als Werkstoff für den Automobilbau eingesetzt. Die Stahlindustrie hat darauf ebenfalls erfolgreich mit der Entwicklung hochfester Stähle für vergleichbare Anwendungen geantwortet. Festigkeit oder spezifisches Gewicht alleine können aber nicht genügen als Maßstab für Auswahl und Einsatz von Werkstoffen in Transport und Verkehr. Neben den Kosten und dem Festigkeits- zu Dichteverhältnis ist auch die Umformbarkeit, die Duktilität, oft gemessen durch die Bruchdehnung, von entscheidender Bedeutung. Wichtige Anwendungen verlangen vom Werkstoff gleich zweimal Duktilität: Erstmals beim Herstellvorgang von Bauteilen, zum Beispiel durch das Innenhochdruckumformen und danach zweitens zum Energieverzehr beim Aufprallunfall. Auch der Gesetzgeben fordert neben geringerem Treibstoffverbrauch (d.h. hohes Festigkeits- zu Dichteverhältnis der Werkstoffe) noch „crashworthiness" d.h. hohe Verformbarkeit der Werkstoffe.

Betrachtet man die heute im Automobilbau benutzten oder dafür vorgeschlagenen Werkstoffe unter diesen Anforderungen im Vergleich, so zeigen sich stickstofflegierte austenitisch rostfreie Stähle von den Eigenschaften her eindeutig überlegen. Noch aber leiden diese Werkstoffe unter mangelnder Verfügbarkeit. Darüber hinaus sind die Leichtmetalle als Konkurrenten auch durch ihre weit fortgeschrittene Formgebung der Bauteile (Beispiele Druckguss, Thixocasting, Rheocasting) im Vorteil. Vor allem eine bessere Verfügbarkeit ist die Voraussetzung dafür, dass die herausragenden Eigenschaften von hoch mit Stickstoff legierten austenitisch rostfreien Stählen genutzt werden um energiesparende leichtere und zugleich sichere Autos und andere Transport- und Verkehrsmittel herzustellen.

Aluminium-Hybridbauweise für Busse und Schienenfahrzeuge

Georg Reif, external pageAlusuisse road & rail, Zürich

Die materialbezogene Leistungsfähigkeit von Strukturen für den Fahrzeugbau reicht heute bei weitem nicht aus um Bauweisenkonzepte umfassend beurteilen zu können. Ständig kürzere Realisierungszeiten bei gleichzeitiger Steigerung der Komplexität der Aufgaben, der Zwang nach optimalem Kapitaleinsatz bei der Herstellung und beim Einsatz von Produkten erfordern Vorgehensweisen und Lösungen die interdisziplinär angegangen werden müssen.

Lösungen basierend auf nur einem Material können konstruktiv und produktionstechnisch optimiert werden, stossen jedoch immer irgendwann an eine Grenze, wo eine wirtschaftlich sinnvolle weitergehenden Optimierung nicht mehr möglich ist. Aufgrund unterschiedlichen Charakteristiken verschiedener Marktsegmente ist der heutige Stand der technologischen Konzepte sehr unterschiedlich. Während im Bereich Automobil und Schiffsbau Aluminiumbauweisen vor dem Durchbruch stehen, konnten und mussten im Bereich Massentransport bereits weitergehende Lösungskonzepte entwickelt werden um den anstehenden Herausforderungen bei Betreibern und Herstellern gerecht zu werden.

Anhand von Lösungen für den Schienenfahrzeug- und Busbau wird im Referat, ausgehend von den Marktbedürfnissen, das Konzept der Hybridbauweise dargestellt und mit den neuesten Anwendungsbeispielen dokumentiert. Abschliessend werden einige Trends und kommende Anforderungen angesprochen.

Wird die Eisenbahn zur Polymerbahn?

Thomas Schweizer; Institut für Polymere, ETH Zürich

Die Verwendung polymerer Werkstoffe ist aus dem modernen Eisenbahnbau nicht mehr wegzudenken. Klassisch sind die Anwendung als thermische und elektrische Isolatoren und für die Innenauskleidung und Innenausstattung von Personenräumen. Die Renaissance von Strassen- und Stadtbahnen ruft nach einer Vielzahl neuer Triebwagen, die aus Kosten- und Gewichtsgründen häufig gewickelte Wagenkästen erhalten. Bei Überland- und Fernbahnen sind die aus Design- und Aerodynamikgründen geforderten rundgelutschten Kopfformen der Triebfahrzeuge ein schon klassisches Anwendungsgebiet faserverstärkter Kunststoffe geworden. Um die inhärenten Dämpfungseigenschaften polymerer Werkstoffe nutzen zu können, werden heute bereits Drehgestellrahmen aus Faserverbundwerkstoffen hergestellt. Dadurch kann eine neue Quelle für Gewichtseinsparung angezapft und ein wesentlicher Beitrag zur Reduktion von Fahrlärm geleistet werden.

Trends in der Materialentwicklung für Polymerelektrolyt Brennstoffzellen

Günther G. Scherer; external pagePSI, Villigen

Polymerelektrolyt Brennstoffzellen sind als elektrochemische Wandler für verschiedene Anwendungen von Interesse. Seit einigen Jahren betreibt vor allem die Automobilindustrie intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf diesem Gebiet, um effiziente und schadstoffarme Antriebssysteme für Automobile zu entwickeln. Ein wesentlicher Teil dieser Arbeiten beschäftigt sich mit der Entwicklung kostengünstiger Materialien mit verbesserten Eigenschaften, die in diesen Zellen Anwendung finden, z.B. protonen-leitende Polymerfilme, hochdisperse geträgerte Edelmetallpartikel, Verbundwerkstoffe aus Grafit und Polymerbindern. Der Vortrag gibt einen Überblick über verschiedene dieser Entwicklungsarbeiten.

Neue Werkstoffe and Rumpfbauweisen im Flugzeugbau

Gerhard Tempus; European Aeronautic, Space and Defense Company (EADS), Bremen, D
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Die heute im zivilen Flugzeugbau eingesetzte genietete oder geklebte Differentialbauweise für Rumpfstrukturen ist im Laufe der Jahre so weit optimiert worden, dass die Potentiale für Kosten- und Gewichtsreduktion weitgehend ausgeschöpft sind. Aus diesem Grund wird zur Zeit intensiv an der Entwicklung integraler Rumpfstrukturen gearbeitet, die durch Anwendung neuartiger Fügeverfahren (Laserstrahlschweissen, Reibrührschweissen) und Herstellung breiter Strangpressprofile sowie grossflächiger Guss-Strukturen (Passagiertür) realisiert werden sollen.

Basislegierungen für die Entwicklung der laserstrahlgeschweissten integralen Rumpfstrukturen sind die schmelzschweissbaren AlMgSiCu-Legierungen (6013/6056), die vergleichbare Eigenschaften der heute eingesetzten nicht schweissbaren Standardaussenhaut-Legierung AlCuMg2 (2024) aufweisen. Um eine weitere Leistungssteigerung beim Einsatz von Integralstrukturen zu erzielen, wurden neue Legierungen auf Basis AlMgSc und AlMgLi (1424) entwickelt, die neben einer hervorragenden Schweissbarkeit z.T. bessere Eigenschaften im Vergleich zu 2024 aufweisen.

Metallische Verbundwerkstoffe — Vom Space Shuttle zum Volkswagen

Olivier Beffort und Florian Moll; external pageEMPA Thun
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Leistungsfähige Verbundwerkstoffe aus Metallen und Keramiken mit partikel- oder faserförmigen Verstärkungen, auch "MMC" (Metal Matrix Composites) genannt, wecken zunehmend das Interesse führender Industriezweige im Automobilbau und der Transporttechnik.

So konnten u.a. auf dem Gebiet der Fahrzeugbremssysteme dank dieser fortschrittlichen Technologie neue Wege beschritten werden. Der 3l-Lupo von Volkswagen z.B. verzögert heute mit Bremstrommeln aus partikelverstärktem Aluminium. Insbesondere das niedrige Gewicht des metall-keramischen Verbundes mit hervorragenden Verschleißeigenschaften sowie einer hohen thermischen Leitfähigkeit verleihen dem Wagen durch Verringerung der ungefederten Massen eine Erhöhung des Fahrkomforts und der Dynamik; gleichzeitig werden Verbrauch und Emissionen gesenkt.

Anderen erfolgreich umgesetzten MMC-Anwendungen im Transport und Verkehr wie Motoren- und Flugtriebwerkskomponenten (Kolben und Laufbüchsen, Auslassleitwerke an Flugzeugtriebwerken) dient der verminderte thermische Ausdehnungskoeffizient, die hohe thermische Stabilität, die hohe Verschleissfestigkeit sowie die hohe Steifigkeit dieser Werkstoffe, denen durch geeignete Kombinationen aus metallischer Matrix und keramischer Verstärkungskomponenten ein massgeschneidertes Eigenschaftsprofil verliehen werden kann.

So ist heute das, was vor 30 Jahren mit MMC-Trägerkonstruktionen aus langfaserverstärktem Aluminium im amerikanischen Space-Shuttle begann, Teil unseres Alltags geworden.

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